Buntes Mittelaltertreiben in der Gelnhausener Altstadt und wir waren mitten darunter. Auf dem Untermarkt drängten sich die Stände, die allerlei Köstlichkeiten feil boten und zwischen den vielseitigen Gerüchen drehten zwei Narren ein kleines Riesenrad. Wenn es sein musste - und als wir gut gelaunt angesichts des schönen Wetters und beschwingt vom Spektakel vorbei kamen, musste es natürlich sein - auch mit sechs Erwachsenen an Bord. Um die Kirche herum stellten allerlei Handwerker ihre Kunst vor und zeigten unter anderem, wie ein schindelgedecktes Dach entsteht. In den Gassen waren die Verkehrsschilder mit Jutesäcken abgehängt, bunte Fahnen und Wimpel wehten im leichten Wind und die kleinen Cafés hatten alles schön dekoriert sowie ihre Stühle mit weißen Leinenhussen überworfen. Mit Liebe war an jedes Detail gedacht worden! Auf dem Obermakrt schließlich konnte man alles kaufen, was das mittelalterliche Herz höher schlagen lässt: Bunte Stoffe, getrocknete Hibiskusblüten, Lederbeutel, bestickte Kissenbezüge,... Für jeden war etwas dabei. Neben Augen und Nase wurde auch den Ohren etwas geboten. Die Streuner, Minnesoda, Minnesangs Frühling und viele mehr füllten die Plätze vor den beiden Bühnen, aber auch einfach mal so ein Gässchen mit lachendem, singendem, tanzendem und träumendem Volk. Selbst wir waren überrascht, als wir feststellen mussten, wie viele Strophen der alten Rittersleut Minnesoda hintereinander weg singen kann. Und wem all das noch nicht reichte, um die alte Stauferzeit in der Barbarossastadt zum Leben zu erwecken, für den gab es verschiedene Theatergruppen, die historische Fakten, wie beispielsweise den Reichstag von 1180 nachspielten.
War man dann am Stadttor angelangt, war es noch lange nicht zu Ende. Im Gegenteil für uns fing es im Stadtgarten, der direkt außerhalb der alten Stadtmauer liegt, erst richtig an. Denn hier in zwar malerischer Kulisse, aber auf sehr engem Raum fand sich das Lagerleben. Bereits die Anreise mit unseren voll bepackten Autos und Hängern war ob der kleinen, steilen Sträßchen eine Herausforderung. Mit dem Aufbau auf der kleinen Fläche folgte sogleich die nächste. Und auch bei der Organisation hinkte es manchmal ein wenig. Es waren nicht immer alle Informationen zur rechten Zeit am rechten Ort bei der rechten Person. Dafür haben wir alte Freunde getroffen, die unverhofft gegenüber lagerten. Und irgendwann stand dann unser kuscheliges Lager beschattet unter den Linden. Die drei ausgestellten Kettenrüstungen wurden zum Publikumsmagnet. Bei herrlichem Ausflugs-Wetter drängten sich Besuchermassen vorbei. Ich glaube, auf keinem anderen Lager sind wir jemals so viel fotographiert und gefilmt worden. Egal ob beim Frühstück, beim Duschen, beim Geschichten vorlesen, beim Spielen, beim Kochen, beim Singen oder beim Abendessen - wir lebten in der Öffentlichkeit. Obwohl unser Lager so eng war, freuten wir uns über die vielen Gäste, die uns besuchten. Teilweise waren wir durchaus mehr als zehn Mittelalterbegeisterte in unserem Lager und das obwohl Zwei von uns zu Hause bleiben mussten, da ihre Tochter gerade erst eine Woche alt war. Unsere Nachbarn waren vier Pferde, zwei Esel, ein Hahn mit seinen Hennen und Kücken, Gänse, Kanninchen, zwei Ziegen und zwei Schafe. Die Geräuschkulisse kann man sich lebhaft vorstellen. Besonders beeindruckend fanden wir die Schafe, wobei wir uns nicht ganz einigen konnten, ob die Leute, die die Schafe anmähten oder die Schafe selbstmitunter anstrengender waren. Es gab ein schwarzes Schaf und ein weißes und während eines eher zaghaft mähte, blöckte das andere wie ein Hard Rock Sänger. Wir nannten es liebevoll das White-Metal-Schaf, denn wie wir heraus finden sollten, war es nicht wie erwartet das Schwarze. Aber natürlich darf ich auch unsere liebsten Nachbarn nicht vergessen: Ihre Geräusche waren auch meist sehr interessant. Es klang ein wenig wie "Einst ging ich am Rande der Donau entlang" oder "Scheiße auf der Kirchturmspitze". Naja man kann sich vorstellen, was wir getan haben, um uns zu behaupten: Wiebke hat ihre Gitarre ausgepackt und wir haben voller Begeisterung gesungen, egal ob über drei Musikanten, Linden oder den Teufel. Und damit wir in Zukunft noch besser klingen, wurde ganz zuletzt noch eine Trommel gekauft. Wir dürfen also auf das nächste Lager gespannt sein!
Mie